Archiv Klettern

Die Gipfel bzw. Klettergebiete sind alphabetisch aufgelistet, über die Suche kannst du deine Wünsche gezielt ansteuern. Leichte Klettereien bis zum 3. Schwierigkeitsgrad finden sich auch im Archiv Bergsteigen.

Hochstadel, 2681 m. N-Wand, 3

Klassischer Anstieg durch eine der fünf höchsten Kalkalpen-Bigwalls.

Gailtaler Alpen, Lienzer Dolomiten, Lavant bei Lienz, Osttirol. Aufstieg 2100 Hm (inkl. kleine Gegensteigungen beim Abstieg am Zabarotsteig), davon Zustieg ca. 700 Hm + 1300 Hm Wandhöhe.
P Frauenbachwasserfall, Wacht, 2 km sö. von Lavant - Forststraße/Wanderweg Lavanter Graben - Nordwand - Hochstadel - Abstieg O-Kamm am Rudnigweg, früher Garnitzenweg - Unholdenalm - Hochstadelhaus bzw. Kalser Schutzhütte - Zabarotsteig (A/B) - Haltestelle Nikolsdorf - südliches Drauufer flussaufwärts und entlang der Straße zurück zum P.

ÜbersichtKartedie Lienzer Dolomiten von NO (Luelfeld am Ziethenkopf, Kreuzeckgruppe)auch im Winter wurde und wird die Riesenwand erklettert; hier die Nordwandroute vom Aufstieg zum Stronachkogelungefährer Routenverlauf vom Parkplatz am Auslauf des Lavanter Graben

Zusammen mit den wilden Nebengipfeln der Freiung und den filigraneren Hahnenkammspitzen formt der Hochstadel eine der gewaltigsten Wandfluchten der Ostalpen. Drei Jahre nach der Erstbegehung im Juli 1905 (Doménigg, Glatter und König) findet der hervorragende Lienzer Bergsteiger Rudi Eller zur Überwindung des steilsten Wandbereichs zwischen 2. und 3. Schneefleck, rechts vom Originalweg, eine wesentlich elegantere Lösung: die Ellerplatte - eigentlich ein mächtiger Plattenschuss, an dem auch heutzutage noch von den meisten Begehern gesichert wird. Eller gilt als der bedeutendste Erschließer der Lienzer Dolomiten und war auf seinen Neutouren meist solo unterwegs.
In Anbetracht der Dimension - die benachbarte, direktere und schwierigere Nordwestkante (5) bietet 2100 Klettermeter auf 36 Seillängen, unsere Nordwand ist um etliches länger - wird man den Großteil seilfrei klettern; wir haben die vier, fünf Seillängen im Bereich Ellerplatte gesichert. Im Vorfeld bekommt man das beste Gefühl für die Wand durch Beschreibung und Fotos im leider vergriffenen Peterka-End-Alpenvereinsführer.

Schon vor Sonnenaufgang steigen wir den Lavanter Graben zum roten Punkt des heute üblichen Einstiegs (auch eine „Erfindung“ Ellers) hinauf. Hier eine Art Logbuch zu diesem Meer aus Stein:

Dank der Markierungspunkte kommen wir relativ flott über die versteckte Rinne hinaus zu den talseitigen Begrenzungsfelsen der Grabenrinne. Ulli steckt ihre Nase kurz in das überdachte, grüne Band - das bringt nichts, man kommt von dort nicht über die Wülste hinaus. Erich geht vom obersten Steinmann den grasigen Riss direkt an und versenkt mittendrin für alle Ewigkeit einen kleinen Friend - etwas weiter unten links hinaus ist es sicher weniger dramatisch. Jedenfalls stehen wir jetzt auf dem Begrenzungsrücken der Grabenrinne.
Die kurze Viererstelle am Klemmblock ist weder zu übersehen noch zu fürchten, dann kommt die erste große Überraschung: Im schluchtartigen oberen Graben liegen bis weit herunter meterdicke, pickelharte Schneemassen. Hier hält das Herumschnuppern in labyrinthischen Randklüften und unter höhlenartigen Schneebrücken etwas auf.
In der flacheren, gebänderten Zone hinüber bis unter den 2. Schneefleck, der genau wie der 3. heuer bereits restlos abgeschmolzen ist, geht's wieder hurtig voran - Steinmänner ersparen längeres Herumsuchen. Drüben in der breiten Verschneidungsrinne in schönem, leichtem Fels gerade hinauf bis zum Eck, wo sich die Anstiege trennen. Wir folgen Rudls Spuren.
Mitten durch den schmalen Plattenstreifen zwischen der großen gelben Riesenverschneidung rechts und der kleineren links windet sich ein schützengrabenartiger Kamin empor, durch den wir links hinaus auf die helle, flache Wandbucht steigen. Angesichts der tollen Plattenwand darüber ist man versucht, gleich gerade weiterzuklettern - rechts beim oberen Rand der weißen Platte befindet sich sogar ein Stand mit zwei Schlaghaken. Wir queren aber die flache weiße Platte horizontal nach links und schlüpfen einen überhängenden Winkel (Haken mit weit sichtbarer Schlinge) kurz steil hinaus - schaut von Weitem schlechter aus als es ist - zum Fußpunkt der nächsten langen Verschneidung. Diese 2 SL gutmütig hinauf bis an ihr Ende. Jetzt wird's spannend: 20 m weiter links schon wieder eine Verschneidung, dort drüben steht ein Steinmann. Erich folgt jedoch Peterkas Rat:
„Steil und ausgesetzt empor, und sobald der Plattenschuss noch steiler wird, ausgesetzter Quergang nach links ... “. -
Auf den Quergang (bandartige Leiste) trifft man nach gut 40 m. Wenn man Glück hat, stößt man auf einen Zwischenhaken, von Weitem aber sind die Dinger - wie so oft in den Lienzer Dolomiten - kaum auszumachen. Mobile Sicherungsmittel sind nicht einfach anzubringen, im Quergang eventuell ein Keil und ein Friend Gr. 2. All das und natürlich die Dimension der Wand überhaupt verleihen der klettertechnisch nicht allzu schwierigen Route insgesamt doch einen gewissen Ernst, den man nicht unterschätzen sollte. Man halte sich immer mögliche gewaltige Sturzhöhen in selbst gebastelte Stände vor Augen.
Die Querung stößt an die von unten kommende, seichte Verschneidung; einige Meter weiter oben erreicht man links der Kante eine alte, halb eingeschlagene Rostgurke, rechts gleich ums Eck stecken aber zwei neuzeitlicher Geschlagene. Hier verkürzt Peterkas Beschreibung - bis hinauf zum Rand der Wandschlucht sind's noch immer etwa zwei Seillängen, aber schon wesentlich einfacher.
Jetzt steigt das Tempo wieder beträchtlich: erst am Rücken, später am inneren Rand der Schluchtbegrenzung nicht zu weit hinauf. Wo eine Rippe die Schlucht teilt, führt ein kurzes, zierliches Schuttsteigerl (rote Aufschrift „Wbuch“ mit Pfeil) um die Rippenkante, dahinter ein paar Meter hinunter in den schneegefüllten linken Schluchtast; jenseits ein kurzer, höhlenartiger Risskamin - die einzige Schwachstelle der Schluchtwand. In der Höhle die Buchkassette, der Durchschlupf ist wieder leichter als gedacht, oberhalb Band mit Steinmännern.
Günstiger als vermutet ist auch die verbleibende Gipfelwand zu haben. Wir verlassen das Band (gerade weiter als Fluchtweg hinaus zur Nordostschulter) bald rechts hinauf und können uns beinahe nach Belieben über ausgesetztere Rippen oder eingeschnittene Schluchtkamine emporarbeiten zum Gipfelkreuz.

Der markierte Abstieg hinunter ins Drautal zieht sich dann noch ganz schön, falls man nicht schon unten in den Gasthäusern der Unholdenalm bei einem holden Blonden oder Weißen hängen bleibt.

 noch im Mondlicht vor Tagesanbruch steigen wir den Lavanter Graben hinaufdie entscheidenden Etappen, soweit sie vom Einstieg aus zu sehen sinddie freundlichen Einstiegsschrofen mit ihren vereinzelten roten Punkten (beispielsweise rechts unterhalb von Ulli) ...... leiten bald hinauf in die versteckte Rinne; auch hier meist guter Felsoben an den Begrenzungsfelsen vor dem Schluchtgraben nicht dem begrünten, überdachten Band folgen, sondern vorher links hinausvom Schrofenkamm geht's links hinein ...... in die Schlucht unter dem 1. Schneefleckvorbei an abenteuerlichen Eisgebilden ...... suchen wir unseren Weg ans LichtAusstieg aus dem Randklüftelabyrinth am oberen Rand des 1. Schneeflecks, gegenüber das Keilspitzmassivam folgenden Bändersystem quert man längere Zeit nach Osten ...... bis unter den 2. Schneefleck, von dem heuer nichts mehr zu sehen ist; rechts oberhalb Ullis Helm die aufsteilenden Fluchten der Ellerplattedas Eck, an dem sich die Wege scheiden: in Ullis Blickrichtung die Querung ins Rinnensystem der Originalroute der Erstbegeher, gerade hoch die geniale Variante Rudi Ellersim schmalen Plattenstreifen der rechten Bildhälfte der gewundene, schützengrabenartige Kamin, der uns auf Höhe des nächsten Aufbaus nach  links ...... in die Wandbucht mit der weißen Platte entlässt; Ulli ist schon höher als sie müsste - dort oben befindet sich ein Stand mit 2 Schlaghaken, offenbar für eine neuere Variante? - In der Folge quert Ulli auf uns zu ...... und steigt durch den kurzen überhängenden Winkel aus ...... zum Beginn der langen Verschneidungnur im oberen Teil erreicht sie den satten 3. Gradam Stand am Ende der Verschneidung, einem kleinen kanzelartigen Absatz; Erich klettert gut 40 m gerade hinauf, bis sich die Riesenplatte noch weiter aufsteilt und eine bandartige Leiste die Verschneidung links erreichen lässt, diese Seillänge ist die moralisch anspruchsvollste der gesamten Tour, weil Zwischensicherungen schwer zu finden oder zu legen sinddrei Seillängen weiter oben steigt Ulli aus der Ellerplatte - schon oberhalb des 3. Schneeflecksweiter hinauf auf einer schmalen Trennungsrippe rechts der Schlucht; weiter oben verlassen wir den Originalweg und klettern ...... von der Rippe wenige Meter hinunter in die Schlucht und durch den Höhlenschlund (Wandbuch) hinaus aufs Fluchtwegbandvon dort sucht man sich seine kreative Privatvariante durch die restlichen 300 Höhenmeter der Gipfelwandnicht zu fassen - das Kreuzleicht gezeichnet, aber glücklichPanorama vom Hochstadel gegen Westen; durch dieses Gipfelgewirr führt der berühmte Dreitörlweg zur Karlsbader Hütte hinüberim NW reicht der Blick vom höchsten Berg der Gailtaler Alpen bis zur Sonnenstadt Lienzim NO Freiung (s. Archiv), Drautal, der Auslauf der Kreuzeckgruppe und zuletzt die GoldbergeAbstieg am Ostkamm gegen das Drautalhinter den herausfordernden Zacken der Unholden die höchsten Berge der Schobergruppebeim Hochstadelhaus ist etwa Halbzeit bis ins Talder kürzeste Weg zurück zum Auto führt über den aussichtsreichen, sehr steilen Zabarotsteig (A/B), der in seiner Anlage an den Wasserfallweg im Gesäuse erinnertein langer Tag; Tiefblick auf die Drau
(01.08.2018)

Literatur: Zlöbl: Klettern in den Lienzer Dolomiten. Tristach: Bookz 2013.
Peterka/End: AV-Führer Lienzer Dolomiten. München: Rother; leider längst vergriffen, manchmal noch in Antiquariaten oder im Internet zu finden.
Stocker: Longlines. Köngen: Panico Alpinverlag 2014. Behandelt nur den NW-Pfeiler, bis zum 1. Schneefeld aber mit unserer Nordwand ident - brauchbares Topo für den Zustieg.

Collinettaplatten (Placche Val di Collina), 5+/6- bis 8+/9-

Genussklettern überm hintersten Val Grande.

Karnischer Hauptkamm, Plöckenpass, Friaul-Julisch Venetien. Zustieg (mit Gegensteigungen) 400 Hm + um die 30 Routen zwischen einer und fünf Seillängen, zwei weitere Klettergärten in der unmittelbaren Umgebung: Dironcave (17 Routen 4 bis 10-) und Vedrans (13 Routen 7+ bis 10-), s. Literatur.

P Plöckenpass (Passo di Monte Croce Carnico, 12 km von Kötschach-Mauthen, 34 km von Tolmezzo) - Untere Collinetta-Alm – 80 Hm Abstieg und Querung ins Tal des Monumenzbachs – Aufstieg (Forststraße mit Abkürzer) zur Casera Val di Collina. Kurz davor am Weg 149 scharf rechts abbiegen und nach wenigen Schritten links hinauf zum Klettergartenbereich. Die beschriebenen Mehrseillängenrouten befinden sich im äußerst linken Wandteil ganz oben.

 ÜbersichtKartedie Collinettaplatten vom Zustieg aus Osten; der höhere Wandteil links sind die Platten mit den beschriebenen Routen, rechts anschließend, teilweise hinter den Bäumen versteckt, der Klettergarten; ganz rechts im kleinen Tal noch zwei weitere Klettergärten, s. Text

Die breite Wand in landschaftlich bester Lage hoch über der Plöcken-Südtrasse weist zwei getrennte Bereiche auf: Der untere, nördliche Teil ist als Klettergarten eingerichtet, Routen ab dem 7. Grad, auch einige Mehrseillängentouren. Immer an der Wand entlang nach links hinauf gelangt man zu unseren Platten. Die leichteste Linie und gleichzeitig der Klassiker hier ist die Via De Infanti/Simonetti (5+/6-); bei der Gelegenheit haben wir gleich auch die beiden benachbarten Routen (Placche centrale, 6 und Via Dorigo, 6/6+) beschnuppert. Wenn man den im Vergleich zu den vielen passnahen Klettergärten etwas längeren Zustieg nicht scheut, wird man mit Einsamkeit belohnt und kann zwischen den bequemen Abseilständen einen vergnüglichen Tag verbringen.

Wegen des Felssturzes auf der Plöckenpass-Südseite haben die italienischen Behörden auch den Steig 401 ab Passhöhe gesperrt und somit den Zugang zu sämtlichen Klettereien am Kleinen Pal unterbunden (s. die beiden letzten Fotos). Mit einer Öffnung ist nicht vor Ende 2024 zu rechnen.

den etwas längeren Zustieg sollte man nicht scheuen: überm kleinen Seenauge auf der Unteren Collinetta-Alm zeigt sich der Cellon (s. Archiv Bergsteigen), über die Südseite führt einer der schönsten Klettersteige des Gebietes - die Via ferrata Senza Confini (Weg ohne Grenzen, D)von der Lacke heißt es 80 Hm in den Wald absteigen, dann hinter dem Rücken rechts im Tal des Monumenzbachs hinauf ...... zu unseren Platten; alle drei im Bericht erwähnten Wege führen durch diesen Bereich am linken Rand der breiten Wandformation. Die Via De Infanti/Simonetti (5+/6-) beginnt im linken unteren Eck ...... und verlässt schon nach einigen herrlichen Plattenmetern den Schatten des WaldesBlick vom 2. Stand gegen Nordost auf Cellon, Plöckenpass mit Polinik dahinter und Kl. Pal; rechts unten erkennt man den Felssturz, der zur Straßensperre auf italienischer Seite geführt hatUlli in der 3. SL, die wilde Spitze links hinten ist der Pizzo di Timaudie Ausstiegslänge der Via De Infanti/SimonettiErich in der 4. SL der Placche centrale, 6; die Via Dorigo gleich rechts davon in den seichten Rillendie Situation am Plöckenpass im Sommer 2024: aufgrund der Sanierungsarbeiten an der Südtrasse haben die italienischen Behörden den Zugang zu sämtlichen Klettereien am Kl. Pal gesperrtfür die umfangreichen baulichen Sicherungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, welche durch den Felssturz erforderlich geworden sind, wurden 20 Millionen Euro bereitgestellt
(10.07.24)

Literatur: Lexer/Lieb-Lind: Best of Karnische & Julische Alpen. Alpinklettern, Sportklettern & Bouldern. Köngen: Panico Alpinverlag 2020.
Wurzer: Karnisch Alpin Climbing Guide. Kötschach-Mauthen: Tourismusverein 2010.

Pietra di Bismantova, 1041 m

Klettergärten und Mehrseillängenrouten.

Emilianischer Apennin, Castelnovo ne‘ Monti, Emilia-Romagna, Italien.

P Piazzale Dante (5 € pro Tag, 3,5 km südl. von Castelnovo ne‘ Monti; 48 km südl. von Reggio Emilia, 88 km nö. von La Spezia) - markierte, teils ausgeschilderte Zustiege zu 25 Klettergartensektoren und über 100 alpine Klettereien mit bis zu 7 Seillängen.

ÜbersichtKarte mit der Lage der beiden behandelten KlettergartensektorenKarte Mehrseillängenroute Pincelli-BriantiPietra di Bismantova vom Piazzale Dante (zentraler Parkplatz)Ulli klettert die SW-Kante (lo spigolo) am Sasso Diamante, aufgenommen vom Gipfel des Sasso Rubinodarüber die V-förmige Einbuchtung des Anfiteatro in der Südostwand der Pietra, gesehen vom Gipfel des Sasso Diamante, ...... wo sie die wunderschöne Verschneidung in der Variante Alta der Pincelli-Brianti klettert; tief unter ihr in Bildmitte die Sektoren Moby Dick und Sasso Diamante mit Sasso Rubino

Einführende Infos zu diesem kleinen, aber feinen Felsmassiv findest Du im Bildbericht über die beiden Klettersteige an der Pietra di Bismantova. Nachfolgend ein paar Streiflichter auf die zahlreichen Felsklettermöglichkeiten an diesem kühn aus der Landschaft stechenden Riff.
An den meisten Touren haben die einheimischen Kletterer mittels zahlreicher Sanierungsmaßnahmen für vorbildliche Absicherung gesorgt, sowohl an den kleineren Falesie am Fuß der Wände und den vielen gigantischen Felsblöcken, welche in deren Umkreis über die Bäume hinausragen, als auch in den großen, teils überhängenden und alpin anmutenden Wandfluchten. Auffallend ist die erstaunliche Anzahl an künstlichen Klettereien, welche an die heroische Epoche des italienischen Alpinismus erinnern – auch hier erwarten einen keine vor sich hin modernden Holzkeile oder schlank-erodierten Rostgurken. Unbedingt empfehlenswert ist der unten angeführte Führer - auch ohne große Italienischkenntnisse lässt sich daraus ein guter Überblick zum facettenreichen Angebot gewinnen. Detaillierte Topos und Bilder helfen in den einzelnen Sektoren und Touren, bei Unklarheiten geben die auskunftsfreudigen Locals gerne Hilfestellung.
Die Zustiege vom Piazzale Dante sind meist in wenigen Minuten abgehakt. Die Fortbewegung auf dem für Kletterer aus den Alpen ungewöhnlichen Sedimentgestein könnte man als pädagogisch wertvoll bezeichnen, zwingen doch die oftmals runden, eher abwärts gerichteten Griffe zu stärkerem Focus auf die Verfeinerung der Beinarbeit. Der Formenreichtum ist außergewöhnlich, es dominieren fotogene Verschneidungen und Risse, aber auch kompakte, plattige Wandstreifen und sogar Höhlenkletterei (wie im Camino del Diavolo an der Südseite) verschenken nachhaltige Eindrücke. Aus Zeitmangel können die folgenden Aufnahmen lediglich geringe Einblicke in die Vielfalt des Gebietes geben. Wir kommen aber sicher wieder.

Klettergärten
Das gute Dutzend Sektoren am Wandfuß bietet im Allgemeinen eher steilere, härtere Routen als die circa gleiche Anzahl von im Wald versteckten Riesenboulder mit großem Plaisiranteil, wie etwa Sasso Smeraldo (10 Schritte vom Parkplatz), Sasso Diamante oder Moby Dick.

vielleicht 10 Schritte vom Piazzale Dante entfernt steht schon der Sasso Smeraldo; Ronja klettert Mailee 5a, eine von 20 eingerichteten Kurzrouten zwischen 3a und 6c+ein kurzer Holzsteg führt über die Kluft zwischen einem Vorbau und dem Sasso Rubino, dahinter die Südwestkante des Sasso Diamante, ...... über welche Ulli soeben den Gipfel erreichtRonja in Ciop 5a; insgesamt 35 Routen zwischen 4a und 7c in allen Ausrichtungen an diesem romantischen FelsenBlick vom Diamant auf den Rubin, rechts hinten das Restaurant La Foresteria unweit des Piazzale Dante

Mehrseillängentouren
Als perfekte Einsteigertour hat sich die Pincelli-Brianti, 4+ durchs Anfiteatro der Südostwand (aus dem Jahr 1940) erwiesen. Die relativ einfache, klassische Linie erscheint auf den ersten Blick etwas gemüselastig, vor Ort lösen sich die Bedenken in Luft auf. Außerdem lässt sie sich je nach Bedarf durch eine große Auswahl an gut eingerichteten Varianten herrlich abschmecken – wir haben uns die Variante Alta, 5+ (Bernard-Menozzi, 1966) gegönnt und waren begeistert: ein Nasenüberhang, eine Fünfsterne-Verschneidung, ein ausgesetzter Balkon als Standplatz für den direkt darüber liegenden Klettergartensektor Cocoa (mit fünf 45° überhängenden Extremrouten zwischen 7c und 8b; die Routennamen verraten einiges: Panta rei, Epifanio, San Violentino, … - ausgesetzter geht’s nicht). Hinter einer tollen Ausstiegsschuppe findet man sich frei hängend an einem neuen, massiven Steinschlagschutz-Stahlnetz. Nicht einmal das tut der Freude Abbruch, man empfindet es vielmehr als zirkusmäßige Bereicherung des schönen Anstiegs.
Als kürzester Abstieg empfiehlt sich der Sentiero della Calanca (wegen der blauen Farbzeichen auch Sentiero Azzurro genannt; s. Karte), der ganz nah um den Torrione Sirotti und an der Südwand entlang zum Rifugio hinunterführt. Auf dem Steig passiert man die Einstiege zu tollen Mehrseillängenrouten und einem halben Dutzend weiterer Klettergartensektoren.
Finger wund? - Nur gut 30 km weiter, am Passo del Cerreto auf dem Hauptkamm des Apennin, kannst Du uns auf der Überschreitung des Monte Alto begleiten - eine schöne Grattour mit Klettersteigeinlage.

zur Abwechslung ein Wandfuß-Klettergarten: am Pilone Giallo findet man 29 Routen von 6a bis 8b; im Loch rechts hinten beginnt der Alpini-Klettersteig (s. eigener Artikel im Archiv Bergsteigen), wir wenden uns hier aber links hinauf ins Anfiteatroder Einstieg zur Pincelli-Brianti; das viele Grün zu Beginn stört keineswegsErich hat den 1. Stand erreichtin der 2. Seillänge eine Verschneidung mit darauf folgenden Platten, 4+, mehrere schöne Varianten zu beiden Seiten3. SL: der „Canale erboso“, 3-4an seinem Ende wendet sich der Originalweg auf breitem Band nach links, wir aber ...... klettern geradeaus weiter über die Variante Alta, die gleich mit einem alpinen Überhang (5+) aufwartet; die Absicherung mit Klebebohrhaken ist durchwegs gutimmer wieder zweigen Alternativen ab, wie hier rechts hinauf die Variante Alta Diretta, die den 6. Grad erreicht, die Variante Maniak durch die rechte Ausstiegswand 6c+; wir nehmen die Rissverschneidung links, ...... welche gleichfalls in den Siebten Kletterhimmel führtauch Ulli genießt die Verschneidung, die an unseren Damokles am Rotgschirr (Totes Gebirge; s. Archiv) erinnertdie folgende 15-Meter-Traverse ist gleichzeitig der Sicherungsplatz für den kleinen Sektor Cocoa mit seinen heftig überhängenden 7c- und 8b-Routenvor dem Sicherungsnetz noch eine vorzügliche 5+-Schuppedann wechselt man vom Traumfels aufs neue Stahlseilgitter, ...... über welches man - ein bisschen wie im Zirkus - ...... den Ausstieg unweit des Gipfels erreichtBlick vom Plateau der Pietra auf Castelnovo ne' Monti, einer netten Kleinstadt mit guter InfrastrukturAbstieg entweder am ganz einfachen Normalweg oder auf dem Sentiero della Calanca (auch Sentiero Azzurro, kürzer, maximal I) ...... durch einen kleinen Einschnitt an der Südwestecke des Plateausdieser Kurzabstieg führt ganz an den Wänden des Torrione Sirotti ...... um diesen eigenartigen Turm herumauch hier zahlreiche Routen mit maximal 3 SL auf Fels von besonderer Eigenartgleich dahinter reihen sich weitere Prunkstücke der Südseite: die zarte Linie des Diedro UISP (Unione Italiane Sport Populare; 6+), rechts daneben die große Verschneidung mit Willi Coyote 6c, Grande Glande 6c+ und dem Teufelskamin IV+, der ab dem zweiten Bewuchs im Innern des Berges verläuftnach einigen weiteren spektakulären Routen erwischen wir hier eine Kletterin in SCL Erotic 6c+ ...... und am rechten Rand dieses Bereichs zwei Kletterer am Einstieg zu Muro dei grilli 6b (6a/A0), einem weiteren Fünf-Sterne-Klassiker an der Pietraan dieser Stelle - gar nicht mehr weit vom Rifugio della Pietra (an schönen Wochenenden Plätze vorbestellen oder ins Städtchen ausweichen!) - mündet der Sentiero Azzurro in den Normalweg; beim Aufstieg nicht ...... am kleinen Taferl vorbeilaufen
(16.10.2022)

Literatur: Filippi/Bertolotti: Pietra di Bismantova. Vie e falesie; nur italienisch. Mailand: Versante Sud 2021.

Links zu weiteren Wanderungen und Klettertouren in Italien (südlich der Alpen) im nature-classic-Bericht zum Corno Grande.

Ligurische Ostküste

Klettergärten in Meernähe zwischen Genua und La Spezia.

Längst hat es sich herumgesprochen, dass es in Ligurien in puncto Klettern nicht mit Finale allein getan ist. Allein im Kletterführer Onde di Pietra (s. Literatur) sind 30 weitere Klettergebiete aufgeführt. Wir steuern ein paar Bilder und Infos zu vier Locations am östlichsten Küstenabschnitt bis an die Grenze zur Toskana bei. Das weitaus bedeutendste Gebiet ist natürlich der Monte Muzzerone bei La Spezia mit Hunderten von Ein- und Mehrseillängenrouten zwischen Himmel und Meer, an denen man wochenlang klettern könnte. Aber auch kleinere Felsgärten wie La Sfinge bei Deiva Marina, La Castellana nahe den Cinque Terre oder La Rocchetta bei Lerici, manchmal nicht mehr als aufgelassene Steinbrüche in fantastischer Lage, werden liebevoll gepflegt und bieten neben meist tollem Ambiente Vielseitigkeit und gute Felsqualität.

wir beginnen unsere Bilderfolge über Klettergärten an der ligurischen Ostküste diesmal am Strand von Deiva Marina, etwa auf halbem Weg zwischen Rapallo und La Speziader Klettergarten La Sfinge versteckt sich nur gut 3 km landeinwärts in einem dicht bewachsenen Talgraben hinter dem gleichnamigen Zeltplatz mit Pizzeria und kleinem Supermarktschon der kurze Zustieg ist idyllisch; erst bei der zweiten Möglichkeit den Bach überqueren!wenige Schritte hinter dem Steg steht man vor der Sphinx: links die Südwand mit 20 Routen von 5a bis 7c+, rechts dahinter die Nordostwand (23 Linien 4a bis 7a+); der Block im Schatten davor gehört den 7 Zwergen (12 Touren 4a bis 6a+) und neuerdings ...... sind an der SW-Seite 8 kürzere Routen (5. und 6. Franzosengrad) im Zeichen des Herrn der Ringe entstandenUlli überlistet die glatten Platten von Equilibrio precario, 6cErich in der Sphinx-Südwand: Onde di Pietra, 5a - ein toll strukturierter Pfeiler über glatten Felswellen; gleich daneben hat sich noch eine Neue dazugesellt: Monique mon amour, 5cnoch eine Südwandroute: Ulli an der Placca batterica, 6anoch ein Blick in die schattige Nordostwand der Sphinx, dann wechseln wir an den östlichsten Zipfel von Ligurien, ...... an den „Golf der Dichter“ gleich hinter den Cinque Terre (s. Archiv Bergsteigen) bei La Spezia; drei Gebiete möchten wir euch ans Herz legen: eines davon weitläufig und weltberühmt, die beiden anderen nur kleine Steinbrüche (nicht die Nase rümpfen!)die Auffahrt zum ehemaligen Steinbruch La Castellana über 4 km Schotterstraße ist ruppig und schmal, der Blick vom Parkplatz über La Spezia, dem größten Militärhafen Italiens, entschädigt allemalnach dem Wahnsinnsrummel in den Cinque-Terre-Dörfern eine stille Oase, die alles bietet: 6 boulderartige Kurzrouten am Blocco del parcheggio, eine Menge leichter Plattentouren (auch 2 Seillängen) für Kinder und Einsteiger an der linken Wand, etwas härte 15-Meter-Linien bis 7a+ am Block rechts des Parkplatzes und 10 wirklich tolle Routen an der rechten Wand für fortgeschrittene Genussklettererder Steinbruch von Norden (vom Umlenker der Aurora, 6b)Blocco del parcheggio: Il ribaltamento, für 5c sehr „umkippanfällig“Parete sinistra: Ulli am Ausstieg der Routenkombination Daimon/Manolita, 4b; rechts davon 10 weitere einfachere Touren, ...... wie etwa die hübsche Non dirlo a coda di cavallo, 5a; nach rechts zu steigt der Schwierigkeitsgrad etwas anbesonders gut gefallen haben uns die Routen an der rechten Wand: Erich in Il volo del calabrone (Hummelflug), 6aBlick von der Auffahrt zur Castellana auf den Muzzerone - nach Finale das bekannteste und traditionsreichste Klettergebiet in Ligurien mit 20 weitläufigen Sektoren und spektakulären Routen bis zu 8 SL zwischen Himmel und Meerein paar Kostproben vom Sektor Cajenna knapp unterm Gipfel: Mutter (La giovane di Altamira) und Tochter (Per i nani) im rechten WandteilErich in La voglia matta, 5cUlli im etwas abgespeckten Klassiker Nichibutsu, 6bvom Muzzerone machen wir einen Sprung über den „Golf der Dichter“ nach Lerici, einem der vielen berühmten Badeorte an der Italienischen Rivierain der Tat hielten sich an der Bucht von La Spezia zahlreiche AutorInnen auf, angefangen bei Dante und Petrarca über George Sand, Byron und Shelley bis zu Charles Dickens; wir befinden uns am Parkplatz des nächsten Steinbruchidylls (Auffahrt wieder sehr eng): La Rocchettadas fein eingerichtete Klettergärtlein (immerhin 3 Sektoren mit etwas über 30 Routen 5a bis 7b) war von der Schließung durch den Grundeigentümer bedroht und wurde daraufhin von der Sektion La Spezia des CAI gepachtetUlli am Überhang von Doberbang, 5c, Sektor OrecchinoMartin tastet sich die Liberi noi liberi tutti, 6a emporganz hinten im Sektor „E ride l'imbecille“ gibt es noch etliche kurze Maximalkraftüberhänge bis 7betwas weiter südlich hat man vom Monte Marcello einen umfassenden Blick auf die Apuanischen Alpen mit den berühmten Steinbrüchen um Carrara; auch hier gibt es einen netten, aussichtsreichen Klettergarten mit 30 Routen hoch über dem Meer, den wir aber auch nach einer Stunde Dschungelkampf nicht gefunden habenhinter der Punta Bianca, der Südspitze der Lerici-Halbinsel, wartet noch ein Deep Water Soloing Gebiet mit 13 Routen bis 7b+ und 18 m Höhe
(05.24)

Literatur: Roccati/Pierpaoli: Onde di Pietra. 1000 Kletterrouten östlich von Finale. Italienisch, englisch, deutsch. Brixen: Idee Verticali Edizioni 2012. Küste Savona – Genua –Deiva Marina und Landesinneres.
Battistella: Muzzerone. Mailand: Versante Sud 2017. Küste Sestri Levante – La Spezia – Punta Bianca.

Links zu weiteren Wanderungen und Klettertouren in Italien (südlich der Alpen) im nature-classic-Bericht zum Corno Grande.

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.