Kumpfkogel, 1554m. „Waldgeisterweg“, 6

18 Seillängen im Märchenwald der Koralpe, Südsteiermark.

Lavanttaler Alpen, Koralpe, Weinebene, Glashütten, Steiermark. Zustieg knapp 50 Hm + 18 Seillängen (250 Hm/400 Klettermeter).

P Gasthof Almwirt, 1280 m (L619 17 km westl. von Deutschlandsberg, 30 östl. von Wolfsberg im Lavanttal) – Wanderweg 17 gegen Osten (Richtung Osterwitz) – SO-Flanke „Waldgeisterweg“ Kumpfkogel. – Abstieg W-Kamm/SW-Flanke – P.

ÜbersichtKarte; die kurzen blauen Strecken bilden die Lage der vier aneinandergereihten Klettersporne abder Kumpfkogel ist ein unbedeutender Seitenkamm-Ausläufer der Koralpe, die kletterbaren Sporne in seiner Südostflanke sind aus der Ferne kaum auszumachen

Man möchte meinen, dass man in den weiten Märchenwäldern der Koralpe bestenfalls auf Bäume klettern kann. Weit gefehlt - hier gelang im Jahr 2004 einem beherzten steirischen AlpinistInnentrio (eine Dame, zwei Herren) eine ausgefallene, eigenwillige Schöpfung. Der Waldgeisterweg muss vielleicht nicht zum Traumziel verwöhnter Genusskletterer avancieren. Ambitionierten Abenteurern jedoch, welche der eine oder andere umgestürzte Baum in der Route nicht gleich aus der Balance bringt und die sich nicht davor scheuen, hin und wieder ein paar nützliche Griffe und Tritte von Moos und Nadeln zu befreien, wird dieser Kletter-/Wandertag mit Sicherheit lang im Gedächtnis bleiben.
Durch die Aneinanderreihung von vier steilen, mauerartigen Spornen aus Gneis-Glimmerschiefer, die aus der Ferne kaum auszumachen sind, werden wir nach einem nicht nennenswertem Zustieg mit sage und schreibe 18 Seillängen beinahe plaisirmäßiger Kletterei beschenkt. Auf den ersten drei Abschnitten steht jede Seillänge (jeweils 20-30 m) quasi separat für sich, beliebige Kombinationsmöglichkeiten und bequeme Standplätze - häufig auf ebenem Waldboden - machen diese Zwergenburgen auch für kletterbegeisterte Familien interessant. Ernster wird es dann am sehr steilen vierten Sporn, der direkt auf der gemütlichen Gipfelkuppe des Kumpfkogel endet.
Insgesamt eine bemerkenswerte Tour mit Seillängen in allen Schwierigkeitsgraden (in einem halben Dutzend bis gegen 5+, zweimal 6) in einem hochromantischen Ambiente wie hinter den Sieben Bergen.

Der eineiige Zwilling zu dieser außergewöhnlichen Tour findet sich übrigens über dem fernen Ufer der schönen blauen Donau: Der Wachauer Grat bei Dürnstein mit 16 Seillängen.
In ähnlicher Weise kann man sich übrigens auf Sizilien an einem Drachenrücken aus Kalk vergnügen: am Dorsale del Drago hoch über dem Meer.

Ausgangspunkt der Tour ist der Gasthof Almwirt knapp oberhalb der Weineben-Landesstraße bei Glashüttenschon der kurze, harmlose Zustieg steckt voller Überraschungenein kleiner Steinmann und ein gelbes Taferl mit der Notrufnummer der Bergrettung markieren die Abzweigung zum Einstieg; die ersten Felsen sind von hier bereits sichtbar (nicht zu weit rechts)Ulli am Einstieg; bei morgendlicher Feuchte wirkt ...... der moosige Einstiegsriss nicht besonders einladend, noch dazu steckt der zweite Haken ziemlich weit oben; im Zweifelsfall lässt sich die erste Seillänge mit wenigen Schritten links umgehenauch die folgenden Längen präsentieren sich wie eine Reihe von Zwergenburgen; die zweite SL entlang der Kante ...... bietet - wie die allermeisten folgenden - gut abgesicherte Genussklettereivom Gipfel des zweiten Turms ...... wird kurzerhand abgeseilt, weiter geht's an der nächsten Kante gleich links daneben; überall dort, wo geklettert wird, hält sich der Moosbewuchs in Grenzensämtliche Standplätze der Route sind luxuriös; hier der 5. Stand am Ende des ersten Sporns, es folgt ein kurzer Schrägabstieg orographisch rechts ...... zur 6. SL, deren überhängende Kante zurzeit von einem umgestürzten Baum leicht blockiert wird; Ullis Kommentar: „nature-classic“auch in der 7. SL, einer moosigen Plattenflucht, ...... ist der Bewuchs entlang der Hakenreihe nicht wirklich störend; weiter oben, wo genügend Sonne auf die Felsen trifft, verschwindet er ohnehinhinterm 7. Stand wieder eine kurze Gehstrecke, die nächsten Felsen ganz rechts oben, ...... wo uns in der 8. SL in einer 4+-Verschneidung wieder ein umgestürzter Totholzstamm in die Quere kommtnach einem neuerlichen Schrägabstieg geht es an die dritte Rippe, ...... welche uns mit einer überhängenden Kante (5) empfängtBlick vom nächsten Stand zur 10. SL mit zwei grundverschiedenen Aufaben: am Turmfuß ...... eine kurze Verschneidung (4-), und als deren Fortsetzung ...... ein schöner Riss (6-), der entgegen der Führerbeschreibung gar nicht mehr brüchig istam Ende des dritten Sporns, in der 12. SL, wartet zur Abwechslung ein schöner Spreitzkamin, ...... welcher oben nach rechts verlassen wird; vom letzten Stand dieser Etappe gerade den Wald hinauf, ...... bis man auf einen querlaufenden markierten Wanderweg stößt; 80 m hinter dem Zaun beginnt der Weg zu fallen; dort nur leicht ansteigend noch einmal 30 m weiter ...... zum Fußpunkt des vierten Sporns, der mit gestaffelten Dächern ansetzt; die Route führt nicht direkt darüber hinweg, ...... sondern knapp links der Kante über die glatte Wand hinauf (Schlüsselseillänge, 35 m)am Stand auf kleinem Absatz zwei Klebehaken und Blick in Richtung Gr. Speikkogel, mit 2140 m höchster Gipfel der Koralpe; von hier schräg hinaus in leichteres Gelände, ...links... nicht unbedingt wie Ulli gerade über den Überhang auf den Gipfel des „Kumpf“, der markantesten Formation am gleichnamigen Kogel (sonst muss man wieder abklettern)aber wir sind noch nicht am Gipfel: nach einer gemütlicheren 20-m-Platte geht es in der 16.SL noch einmal zur Sache - eine 45-m-Länge durch eine feine Steilwand (5+)in der 17. SL endlich kommen wir „ins Freie“ - über schöne Platten im 4. Grad auf die Kantekurz unterm vorletzten Stand; links unten das Bergdorf Glashütten mit seinem frei zugänglichen Geoparkvom Stand noch ein letzter Spaziergang von 20 m ...... zur kurzen 18. SL, wo Erich soeben mit Baumhilfe einen lästigen Überhang ausgetrixt hat (4+)zufriedene Ulli auf dem Gipfel des Kumpfkogelproblemloser Abstieg über Steigspuren am WNW-Kamm auf eine große Lichtung und am markierten Wanderweg zurück zum Almwirt
(16.04.2025)

Literatur: Grabner/Schall/Hohensinner: Grazer Bergland Kletterführer. Alland: Schall Verlag 2021.

 

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