Wilde Pisten im Südwesten
Herausfordernde 5-Tages-Etappe vom Meer ins Hochland.
Morondava – Belo sur Mer – Manja – Andavadoaka – Salary – Tulear - Ranohira, Madagaskar.
In den nächsten Tagen werden wir Bekanntschaft mit einer der schwierigsten Offroad-Strecken Madagaskars machen. Selbst einheimische Berufsfahrer werden hier zu Lehrlingen: Da unser Adolphe die Strecke seit 35 Jahren meistert, haben wir während der ersten drei Tage seinen jüngeren Kollegen samt einem netten Berliner Paar im Gefolge. In der Tat werden auf den folgenden 500 Kilometern (und 145 Fotos) alle Register gezogen: schwieriger Orientierung, schwer passierbare Sandpisten, extrem tiefe Furten, skurrile Baobabwälder, salzwüstenartige Ebenen, an zwei aufeinander folgenden Abenden die mit Abstand einfachste und die luxuriöseste Unterkunft der Reise, eine leicht bedrohliche, raubritterhafte Wegzollforderung eines Clans ohne Gegenleistung, der beste Fisch unseres Lebens bei wunderbar gastfreundlichen Menschen in einer primitiven Strohhütte auf einer Sanddüne über dem Meer …
Erster Tag: abwechslungsreiche Fahrt von Morondava, dem drittgrößten Hafen der Westküste, nach Belo sur Mer, einer kleinen Küstensiedlung, die für ihre geschickten Schiffsbauer bekannt ist. Ein angenehmes Bungalow-Hotel liegt direkt an der Lagune, welche bei wechselnden Gezeiten völlig verschiedene Landschaftsbilder zeigt.
Zweiter Tag: eine Saline im Nirgendwo, heitere Menschen bei kaum vorstellbaren Arbeitsbedingungen, wenige Kilometer weiter der Raubritterclan, welcher sich Geld auf ganz andere Weise zu verschaffen weiß. Am Abend die einfachste Unterkunft der Reise – und dennoch vergleichsweise großer Luxus in der Kleinstadt Manja (sprich: Manssa).
Dritter Tag: gleich zu Beginn die zurzeit vielleicht beste Straße Madagaskars, die abrupt an einem breiten Fluss endet – dem Mandoky. Auf einem Floß werden wir samt Landcruiser per Hand in die Mitte des Flusses auf eine Art Steintrapez gezogenen, wo wir samt Auto ins Wasser entlassen werden. Die Route durch die zweite Hälfte des Stroms wird von langen Hölzern markiert, ähnlich unseren Schneestangen im Winter. Zur Mittagszeit passieren wir Morombe, eine Kleinstadt an der Küste, auf deren Flugfeld Zebus grasen; uriger Lunch. Weiterweg durch einen Baobabwald mit grotesk geformten Prachtbäumen. Wir landen erstaunlicherweise in einem Luxusresort an traumhafter Küste. Großartiges Abendessen, allerdings – auf Adolphes obligater Empfehlung – in einem privaten „Restaurant“ im zwei Kilometer entfernten Dorf Andavadoaka: Selbst wenn Europäer es von außen als solches erkennen würden, hineinwagen würden sie sich ohne Begleitschutz eher ungern. Essen hervorragend, um kaltes Bier muss man sich jedoch selbst kümmern.
Vierter Tag: Wir verlassen die Olobe Lodge durch wegloses Gezeitentümpel-Gelände. Die Flamingos fehlen heute leider, aber die Affenbrotbäume ziehen uns immer noch in ihren Bann. Abends bei tief stehender Sonne führt uns Adolphe durchs Dorf Ambatomilo auf eine Sanddüne überm Meer. In einer windschiefen Holzhütte mit strohgedeckter Loggia wird uns der beste Fisch aller Zeiten serviert. Währenddessen sitzt Ulli draußen im Sand und wartet auf die nächsten Brechanfälle – das Käseomlett vom Frühstück im Luxushotel zeigt seine Wirkung. Bei einbrechender Dunkelheit findet unser Fahrer mit traumwandlerischer Sicherheit das entlegene Bungalowhotel Salary Bay.
Fünfter Tag: Durch die meernahe Dünenlandschaft gelangen wir langsam wieder in die Zivilisation, wir erreichen Tulear (Toliara), eine quirlige 150.000-Einwohner-Stadt an der Straße von Mosambik. Trotz zum Großteil asphaltierter Straße ein heftiger Reisetag: zehn Stunden im Auto, aufgelockert durch einen Arboretum-Besuch und die ständig wechselnden Landschaftsbilder vom Meer hinauf ins Hochland bis zu den pittoresken Felsformationen des Isalo-Nationalparks.
Nächste Etappe: Isalo-Nationalpark. 2 Touren im Sandsteingebirge.
Weitere Touren auf Madagaskar im Anhang unseres Artikels über Antsirabe.
Literatur: Hooge: Madagaskar. Reise-Taschenbuch. Ostfildern: DuMont Reiseverlag 2023.